Kinder und Jugendliche und Schilddrüsenkrankheiten

 

Schilddrüsenhormone greifen in nahezu alle Lebensprozesse ein. Deshalb ist es für die geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes so wichtig, dass die Schilddrüse normal funktioniert. Zum Aufbau des Schilddrüsenhormonens Thyroxins benötigt sie das Spurenelement Jod. Meist ist es der Jodmangel in der Nahrung, der dazu führt, dass sich schon bei kleinen Kindern oder sogar Neugeborenen Schilddrüsenerkrankungen entwickeln.

 

Warum haben Kinder bei der Geburt einen Kropf bzw. eine Schilddrüsenunterfunktion?

Früher wurden bis zu 10% der Babies in Deutschland mit einem Kropf geboren, da die Mutter mit der Ernährung nicht genug Jod aufnahm. Ein Kropf entsteht, wenn die Schilddrüse des Föten ihr Gewebe vermehrt, um mit dem wenigen Jod eine ausreichende Menge Hormone zu bilden.

Eine fehlende oder nicht vollständig ausgeprägte Schilddrüse führt zu einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion. Selten sind Stoffwechseldefekte in den Schilddrüsenzellen die Ursache; sie treten familiär gehäuft auf.

Bei Kindern und Jugendlichen ist ein Kropf in 95% der Fälle auf einen Jodmangel zurückzuführen. Andere Ursachen sind eine Schilddrüsenentzündung (Hashimoto-Thyreoiditis) oder eine Jodfehlverwertung. Die Jodfehlverwertung ist erblich bedingt. Der Kropf bildet sich in diesem Fall nicht zurück, wenn der Jodmangel ausgeglichen wird. Nur die Gabe von Schilddrüsenhormonen macht das möglich.

 

Wie erkennt man eine Schilddrüsenunterfunktion bei Kindern?

Das sogenannte TSH-Screening ergänzt die üblichen Vorsorgeuntersuchungen beim Neugeborenen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Dem Säugling wird am fünften Tag nach der Geburt ein Tropfen Blut aus der Ferse entnommen und darin die Konzentration des TSH bestimmt. TSH steht für Thyreoidea-stimulierendes Hormon. Die Hirnanhangdrüse setzt TSH frei, damit die Schilddrüse angeregt wird, Hormone zu bilden und diese ans Blut abzugeben.

Bei einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion ist das TSH stark erhöht. Durch diese frühzeitige Diagnose erfolgt sofort eine entsprechende Behandlung. Daher gibt es bei uns keinen "Kretinismus" mehr. Kinder mit Kretinismus sind körperlich und geistig unheilbar zurückgeblieben.

Auch äußerlich macht sich eine Unterfunktion bereits in den ersten Lebensmonaten bemerkbar. Die Säuglinge unterscheiden sich in der Entwicklung von gesunden Babies. Alles läuft langsamer ab: Bewegung, Trinkverhalten, Wachstum und Zahnen. Sie schlafen übermäßig viel, ihre Verdauung ist träge, die Zunge ungewöhnlich dick und die Haut auffallend teigig.

Ältere Kinder oder Jugendliche sind häufig müde, unkonzentriert und antriebsarm. Das Haar ist stumpf, die Haut blass. Die Kinder nehmen an Gewicht zu, obwohl sie nicht mehr essen als ihre Altersgenossen.

 

In welchem Alter ist der Bedarf an Jod besonders hoch?

Der Fötus benötigt ab der 12. Schwangerschaftswoche und der Säugling während der Stillzeit ausreichend Jod für das Wachstum und die Entwicklung der Körperzellen. Die Jodversorgung muss über die Mutter (Plazenta bzw. Muttermilch) gewährleistet sein.

In der Zeit der Pubertät ist der Bedarf an Jod deutlich erhöht. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass in dieser Altersgruppe die alleinige Jodsalz-Vorsorge für die Deckung des erhöhten Jodbedarfs nicht ausreicht. Damit es erst gar nicht zu einem Kropf kommt, empfehlen Ernährungswissenschaftler und Ärzte gerade für Pubertierende Jodid-Tabletten.

 

Wieviel Jod in welcher Altersgruppe?

Damit die Schilddrüse genügend Jod für die Hormonproduktion bekommt, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) folgende Jodmengen:

Alter

Mikrogramm Jod pro Tag
(1µg = 1 Millionstel Gramm)

Säuglinge:
0 bis unter 4 Monate


50 µg

4 bis unter 12 Monate

80 µg

Kinder:
1 bis unter 4 Jahre
4 bis unter 7 Jahre
7 bis unter 10 Jahre
10 bis unter 13 Jahre
13 bis unter 15 Jahre


100 µg
120 µg
140 µg
180 µg
200 µg

Jugendliche:
15 bis unter 19 Jahre


200 µg

Erwachsene
19 bis unter 51 Jahre


200 µg

Schwangere
Stillende

230 µg
260 µg

 

Wie behandelt man einen Kropf bei Kindern und Jugendlichen?

Jodmangelkröpfe lassen sich vom Neugeborenen über den Säugling und das Kleinkind bis hin zum Jugendlichen gut und wirkungsvoll mit Jodid-Tabletten behandeln. Je jünger das Kind ist, desto schneller bildet sich der Kropf zurück.

 

Die für die tägliche Behandlung erforderliche Joddosis ist bei Säuglingen und Kleinkindern mit 100 µg, bei Schulkindern mit 200 µg und bei Jugendlichen mit 200 bis 300 µg anzusetzen. Die Behandlungsdauer beträgt sechs bis neun Monate.

Wenn sich die Schilddrüse nach diesem Zeitraum nicht verkleinert oder normalisiert hat, sollte auf Schilddrüsenhormone umgestellt werden. Die individuelle Dosis ermittelt der Arzt aufgrund der TSH-Konzentration im Blut. Normalerweise benötigen Kinder unter sechs Jahren 50 µg Thyroxin. Dieses Medikament ist dem Schilddrüsenhormon exakt nachempfunden.